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Weißstorch-Altvogel tränkt Junge (Foto: Herwig Winter)

Frisst keinen Zucker und bringt keine Babys: Der Weißstorch

Der Weißstorch (Ciconia ciconia) ist einer der bekanntesten Vögel der Welt. Im Gefieder überwiegt tatsächlich die Farbe weiß; nur die Schwungfedern sind schwarz. Schnabel und Beine sind leuchtend rot gefärbt. Mit einer Flügelspannweite von über 2 m und einer Körperlänge von bis zu 1 m gehört der Weißstorch zu den größten Vögeln unserer Heimat. 

Weißstorch-Altvogel tränkt Junge (Foto: Herwig Winter) Weißstorch-Altvogel tränkt Junge (Foto: Herwig Winter)

Bringt er nun die Babys oder nicht?

In vielen Ländern gilt er als Glücksbringer; oft bringt er auch die Babys. Dass das stimmt, lässt sich sogar statistisch belegen. Der Rückgang der Storchenpopulationen in Deutschland in den 1960er bis 1990er Jahren korreliert signifikant mit der stark rückläufigen Geburtenrate. Diese selbstverständlich völlig unsinnige Korrelation erhält jedoch dann ihren Sinn, wenn man die Ursachen für beide Entwicklungen betrachtet.

Der wirtschaftliche Fortschritt, verbunden mit medizinischen Errungenschaften wie der Antibabypille, bescherte den Menschen die Möglichkeit, weniger Kinder in die Welt setzen zu müssen. Die Störche brachte diese Entwicklung um ihre Lebensgrundlage, denn mit zunehmender Industrialisierung auch und gerade im Bereich der Landwirtschaft und den damit verbundenen Trockenlegungen von Feuchtgebieten wurden sie ihrer Nahrungsgrundlage beraubt.

Den Fröschen ein Gräuel

Weißstorch: Klappern zur Begrüßung (Foto: Herwig Winter) Weißstorch: Klappern zur Begrüßung (Foto: Herwig Winter)

Ihre Hauptnahrung besteht aus Amphibien, die sie fußläufig beim Durchqueren von Feuchtgebieten erbeuten, weshalb sie Zäune in der Landschaft wenig schätzen. Reptilien und Kleinsäuger stehen ebenfalls auf ihrem Speisezettel, aber sie verschmähen auch Regenwürmer und sogar Aas nicht. Zuckerwürfel auf Fenstersimsen allerdings lassen sie unberührt.

Ursprünglich auf Bäumen oder Felsvorsprüngen nistend haben sie mittlerweile eine nahezu vollständige Kulturfolge dahingehend vollzogen, dass sie fast immer im Bereich menschlicher Siedlungen ihre Horste anlegen. Gerne benutzen sie dafür Unterlagen wie beispielsweise auf Dächer montierte Wagenräder, aber sie legen ihren Horst auch einfach so auf Schornsteinen, Kirchtürmen oder Strommasten an. 

Klappern gehört zum Brutgeschäft

Die zuerst vom Zug nach Afrika heimkehrenden Männchen suchen in der Regel den selben Horst auf, den sie im Vorjahr bereits belegt hatten. Durch lautes Schnabelklappern, das auch immer wieder als Begrüßungsritual zwischen den Brutpartnern genutzt wird, demonstrieren die Inhaber des Horstes ihren Besitzanspruch. Anfang April beginnt die etwa vier Wochen dauernde Brut, die anschließende Nestlingszeit beträgt noch einmal acht bis neun Wochen, so dass nur eine Brut im Jahr erfolgen kann. Meist sind es zwischen zwei und vier Junge, die die Altvögel mehrfach am Tag mit Wasser und Nahrung versorgen, herbeitransportiert im Kropf. 

Pfeilstörche lieferten erste Hinweise auf Winterquartier

In der Literatur werden mehr als 20 Fälle sogenannter Pfeilstörche beschrieben. Das sind Störche, die durch Pfeile afrikanischer Jäger verletzt, aber nicht getötet wurden und mit dem Pfeil im Körper nach Europa zurückkehrten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als über den Vogelzug noch nichts bekannt war, ergaben sich daraus die ersten Hinweise auf den Verbleib der Tiere. Heute gehört der Zug der Störche zu den am besten untersuchten Verhaltensweisen, doch gibt er immer noch Rätsel auf. So ziehen beispielsweise die flüggen Jungvögel eines Jahres immer bereits vor den Altvögeln in Richtung Süden. Sie können also den Zugweg nicht erlernen, er muss ihnen angeboren sein.

Wie aber orientieren sie sich ohne jegliche Vorerfahrung? Offenbar ist auch der Zugweg angeboren, denn die sogenannten Weststörche (in Westeuropa bis etwa zur Oder-Neiße-Linie brütend) ziehen über Frankreich und Spanien nach Senegal bis hin zum Tschadsee, die Oststörche über den Bosporus, das Jordantal und die Sinaihalbinsel nach Ost- und sogar bis nach Südafrika. Den direkten Weg über das Mittelmeer vermeiden alle Großvögel, denn sie sind Segelflieger, die die Thermik nutzen, welche über Wasserflächen nicht gegeben ist.

Weißstörche im Flug (Foto: Herwig Winter) Weißstörche im Flug (Foto: Herwig Winter)

Sind Störche bei uns noch echte Wildtiere?

Diese Frage ist berechtigt angesichts der Tatsache, dass in den 1970er und 1980er Jahren versucht worden war, den rückläufigen Populationen durch Auswilderung in Gefangenschaft gezüchteter Störche wieder auf die Sprünge zu helfen. Darunter waren auch marokkanische Störche, die ein eingeschränktes Zugverhalten (von Marokko aus ziehen sie nur rund 1.000 km über die Sahara nach Süden) aufweisen. Das dürfte mit ein Grund sein dafür, dass in den letzten Jahren viele europäische Störche auf der westlichen Route nicht mehr bis nach Afrika ziehen, sondern in Spanien und Portugal überwintern.

Es gibt sogar immer wieder Störche, die den Winter bei uns verbringen. Sie werden von Menschen gezielt mit Futter versorgt oder bedienen sich des Futterangebots auf Müllplätzen oder in Tierparks, wo wohl auch eine Reihe in Freiheit lebender Vögel ursprünglich herstammen. Wenn man also bei einem Spaziergang einen Weißstorch zu Gesicht bekommt, kann man nie sicher sein, ob es sich nicht vielleicht doch um einen verwilderten Tierparkflüchtling handelt. Experten können dies allerdings bei beringten Störchen anhand der Ringkennzeichnung feststellen. 

Mehr Artenportraits?

Herwig Winter freut sich über Rückmeldung: Falls Sie sich ein Portrait zu einer speziellen Tier- oder Pflanzenart wünschen, können Sie das Herwig Winter gerne mitteilen. Vielleicht ein Tier mit Q? – Sie erreichen ihn unter herwig.winter(at)bund.net.  

Bildverwendung

Die Fotografien von Herwig Winter dürfen unter Angabe von „(Foto: Herwig Winter)“ zu nicht‑kommerziellen Zwecken verwendet – allerdings nicht auf anderen Internetseiten veröffentlicht werden. Andere Verwendungszwecke müssen mit Herwig Winter abgesprochen werden. 

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(Grafik: Titelbild BUNDmagazin 1/2010: Uli Staiger/die lichtgestalten; Aras: Andy & Gill Swash (WorldWildlifeImages.com), Krabben: IUCN/Gabriel Davila, Wildkatze: Thomas Stephan)

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