Der Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) wird in Grzimeks Tierleben noch als eine der häufigsten Vogelarten Europas geführt. Zwischenzeitlich allerdings sind die Bestände derart geschrumpft, dass er in der Roten Liste der Vögel Hessens aus dem Jahr 2014 ihn in die Kategorie „stark gefährdet“ eingestuft wurde. Damals wurde sein Bestand auf rund 3.000 Brutpaare geschätzt. In den letzten Jahren gab es bundesweite Bestandszunahmen. Wie weit die Bestände in Hessen davon profitiert haben, ist unklar.
Wenn man zudem bedenkt, dass mehr als die Hälfte des Weltbestandes dieser Vogelart in Europa brütet, haben die Bundesrepublik Deutschland und damit auch das Bundesland Hessen eine große Verantwortung, was den Schutz des Gartenrotschwanzes anbelangt.
Orangeroter Bauch und blütenweiße Stirn
Im Gegensatz zu seinem nächsten Verwandten, dem Hausrotschwanz, der bis auf das rötliche Schwanzgefieder mehr oder weniger einheitlich schwarz oder grau gefärbt ist, weist das Männchen des Gartenrotschwanzes eine prächtig orangerot gefärbte Bauchseite auf. Die Kehle ist pechschwarz, die Stirn blütenweiß. Der schiefergraue Rücken bewirkt, dass der Vogel am Stamm eines Baumes sitzend kaum auffällt. Das Weibchen ist dagegen eher schlicht gefärbt und nicht auf Anhieb vom Hausrotschwanz zu unterscheiden.
In Bauerngärten und Streuobst zuhause
Seinen Namen trägt der Vogel zu Recht. Allerdings sind es keinesfalls die modernen Gärten mit Rasenflächen und Koniferen, sondern die reichhaltig strukturierten Bauerngärten mit angrenzenden Streuobstwiesen, die dem selten gewordenen Gartenrotschwanz ursprünglich den Lebensraum boten.
Den Winter haben die Vögel in Afrika verbracht, erst in der zweiten Aprilhälfte kehren sie in ihre europäischen Brutgebiete zurück. Ihr Gesang ist nicht unähnlich den leisen, gequetschten Tönen des Hausrotschwanzes und damit wenig auffällig. Eher schon kann man den Gartenrotschwanz entdecken, wenn er bei seinen Balzflügen die schützende Deckung der Obstbäume verlässt.
Benutzt gern alte Spechthöhlen
Anfang bis Mitte Mai legt das Weibchen fünf bis sieben türkisfarbene Eier in das Nest, das sich meist in einer Baumhöhle, beispielsweise einer alten Spechthöhle oder auch in einem Nistkasten für Höhlenbrüter befindet. Auch hierin unterscheidet sich der Gartenrotschwanz vom Hausrotschwanz, der ein typischer Halbhöhlenbrüter ist. Nach etwa zwei Wochen Brut schlüpfen die Jungvögel, die mit Insektennahrung, die die Altvögel meist im Geäst der umliegenden Obstbäume erjagen, großgezogen werden. Nach weiteren zwei Wochen fliegen die Jungen aus, die Familie bleibt aber in der Regel bis zum Wegzug nach Süden zusammen.
Zur Familie der Fliegenschnäpper gehörend hat der etwa sperlingsgroße Gartenrotschwanz viele natürliche Feinde. Den Altvögeln stellen in erster Linie im Flug Beute machende Greifvögel wie Sperber und Baumfalken nach. Die Brut wird oftmals das Opfer von Mardern und die noch unerfahrenen, gerade flügge gewordenen Jungen werden zudem von Elstern, Krähen und Eichelhähern gejagt. Die schlimmste Bedrohung allerdings geht von Menschen aus, und das in doppelter Hinsicht.
Leimruten und Vogelnetze eher harmlos im Vergleich zu Brutbiotopzerstörungen
Auf dem Zug nach Afrika durchquert der Gartenrotschwanz genau die Regionen, in denen der Vogelfang trotz europaweit strenger Schutzbestimmungen traditionell immer noch in großem Umfang ausgeübt wird. Doch weitaus schwerer wiegt die in Nordeuropa stattfindende Zerstörung der Brutbiotope.
Der Rückgang der Streuobstwiesen wird mit dem derzeit geltenden hessischen Naturschutzgesetz eher noch forciert. Horst Stern hat es einmal in einer Reportage sehr treffend auf den Punkt gebracht: Wir im Norden nehmen nicht das Gewehr, die Leimrute oder Fangnetze, wir nehmen den Bagger; aber der ist bei weitem vernichtender als alle menschlichen Jagdmethoden.
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