Die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) verdankt ihren Namen der Körperhaltung, die sie nahezu den ganzen Tag über einnimmt. Doch hinter den scheinbar in Andacht gefalteten Händen verbirgt sich nichts anderes als das geduldige Warten auf Insekten aller Art.
Sobald beispielsweise ein Schmetterling nichtsahnend zum Landeanflug in der Nähe ansetzt, schnellen die Vorderbeine der Gottesanbeterin in Richtung des Opfers und packen es mit einer dornenbewehrten Greifzange. Die Beute hat keine Chance mehr zu entkommen und wird bei lebendigem Leib verspeist.

Paarung für Männchen lebensgefährlich
Das gleiche Schicksal widerfährt auch immer wieder den gegenüber den Weibchen mit einer Körpergröße von bis zu 7,5 cm deutlich kleineren Männchen (bis zu 6 cm), die oftmals vom Kopf her aufgefressen werden, während ihr Hinterleib den Paarungsakt noch vollzieht. Doch die Gottesanbeterin ist keinesfalls nur tagaktiv. Gelegentlich kann man die voll flugfähigen Tiere im Licht einer Laterne beobachten, wie sie Insekten im Flug erbeuten.

Profiteurin des Klimawandels
Die Gottesanbeterin ist eine Klimagewinnlerin, hat aber nördlich der Alpen bislang nur wenige, inselartige Verbreitungsgebiete. Obwohl die Eier Temperaturen bis unter minus 40° Celsius aushalten, ist die Gottesanbeterin auf warmes Klima angewiesen und deshalb vor allem im Mittelmeerraum verbreitet, weil die aus den Eiern Ende Mai, Anfang Juni schlüpfenden Larven ein ausreichendes Beuteangebot an Kleininsekten benötigen. In Hessen gibt es bislang nur wenige Nachweise im Rheingau und an der Bergstraße.
In einer sogenannten unvollständigen Metamorphose (Gestaltveränderung bei der Larvenentwicklung) schlüpfen nach dem Durchlaufen etwa eines halben Dutzends Larvenstadien Ende Juli, Anfang August die Imagines (erwachsene, flugfähige Tiere), die nach weiteren zwei Wochen geschlechtsreif werden. Wenige Tage nach der Begattung legt das Weibchen die Eier in Paketen (sogenannten Ootheken) ab, die jeweils zwischen 100 und 200 Eier umfassen. In einer zähschleimigen Schutzhülle überwintern die Eier, während die erwachsenen Gottesanbeterinnen mit Anbruch des Spätherbstes verenden.
Tarnen und Täuschen als Überlebensstrategie
Die Färbung der erwachsenen Gottesanbeterinnen schwankt je nach Umgebung zwischen grasgrün und erdbraun. Diese Tarnfärbung ist nicht nur für das Jagdverhalten wichtig, sondern dient auch dem Schutz vor einer durchaus nicht geringen Zahl von Fressfeinden. Dazu gehören Eidechsen ebenso wie eine Reihe von Singvögeln wie beispielsweise der Neuntöter.
Schreckstellung

Einen besonderen Schutz gegenüber Fressfeinden bieten die schwarzumrandeten weißen Flecken auf der Innenseite der Vorderbeine. Sie stellen eine sogenannte Mimikry dar. In Schreckstellung reißt die Gottesanbeterin die Vorderbeine hoch und auseinander, so dass der Angreifer unversehens auf ein vermeintliches Augenpaar blickt, das ihm ein weitaus größeres und gefährlicheres Gegenüber vortäuscht. Ein zischendes Geräusch, wie man es von angriffsbereiten Schlangen kennt, ertönt beim Ausbreiten der Flügel und tut ein Übriges, um einen Fressfeind in die Flucht zu schlagen.
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