Die Rote oder Gewöhnliche Pestwurz (Petasites hybridus) verdankt ihren Namen der Tatsache, dass sie im Mittelalter gegen die Pest, die man mit dem unangenehmen Geruch der ätherischen Öle der Pflanze zu vertreiben hoffte, zum Einsatz kam. Erfolge dürfte man damit kaum erzielt haben. Die Pestwurz findet aber auch heute noch als Heilpflanze Verwendung. Der aus den verdickten Erdsprossen (den so genannten Rhizomen) gewonnene Extrakt enthält den Arzneistoff Petasin, der bei einer Reihe von krampfartigen Beschwerden lösend wirkt.
Ursprünglich entlang von Bächen weit verbreitet
Die Pestwurz gehört zur typischen Bachbegleitflora, denn sie benötigt feuchtnassen Untergrund. Insbesondere auf frisch angeschwemmten Sandbänken und an nach Frühjahrshochwässern schlammbedeckten Bachufern treibt sie als Frühblüher ihre Blütenköpfe bereits im Februar. Die im ausgewachsenen Stadium bis zu 60 cm Durchmesser aufweisenden, herzförmigen Blätter bilden sich erst nach der Blüte.
Die Pestwurz gehört zur Familie der Korbblütler und ist damit eine nahe Verwandte beispielsweise des Gänseblümchens. Doch eine Besonderheit unterscheidet sie von allen ihren Verwandten: Obwohl in den Blütenköpfchen, die in einer Traube aus 15 bis über 100 Korbblüten stehen, wie in jeder Zwitterblüte Staubbeutel und Stempel, also männliche und weibliche Blütenteile vorhanden sind, wird auf einer Pflanze immer nur eines von beiden funktionsfähig ausgebildet. Das bedeutet, dass auf einer Pflanze entweder alle Staubblätter Pollen herstellen, die Stempel aber keine funktionsfähige Samenanlage besitzen oder umgekehrt.
Die Pestwurz ist also, obwohl nur bei genauem Hinsehen erkennbar, zweihäusig. Es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten. Für Bienen gehört die Pestwurz zu den ersten Nektar- und Pollenlieferanten im zeitigen Frühjahr. Die Samen, die sich in den weiblichen Blüten bilden, besitzen Flughaare und werden mit dem Wind verbreitet.
Häufig verdrängt durch Neubürger aus Fernost
Mit ihren ausladenden Blättern, die ein wenig an Rhabarberblätter erinnern und in deren Schatten kaum ein Konkurrent eine Chance bekommt, bedeckt die Pestwurz manchmal ganze Sandbänke und weite Uferbereiche. Mit ihrem ausgeprägten Rhizom trägt sie zur Uferbefestigung bei. In den letzten Jahrzehnten allerdings hat sie Konkurrenz aus Fernost bekommen. Der Japanische Staudenknöterich ist als Neophyt (pflanzlicher Neubürger) der Pestwurz offensichtlich überlegen, da er schneller (zwischen 10 und 30 Zentimetern Zuwachs pro Tag) und höher (drei bis vier Meter hoch) wächst.
Bereits im Frühjahr treibt der Knöterich seine Blätter aus den Rhizomen, die im Boden überwintert haben. Die kleinen, weißen, in einer Traube mehr oder weniger hängenden Blüten erscheinen dagegen erst im August. Bisher haben sich Bekämpfungsmaßnahmen insbesondere in Naturschutzgebieten als weitgehend wirkungslos erwiesen; der Japanische Staudenknöterich bedroht die gesamte heimische Bachbegleitflora und ist selbst auf alpinen Almen in einer Höhe von 1.500 Metern zu einer Bedrohung für das dort vorhandene, äußerst sensible Ökosystem geworden.
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