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Die Wildkatze – eine scheue Waldbewohnerin

Europäische Wildkatzen (Felis silvestris silvestris) bekommen wir kaum zu Gesicht: Denn sie leben vor allem in naturnahen Laub- und Mischwäldern, wo sie sich gut verstecken können. Außerdem schlafen sie meist tagsüber und jagen nachts. Und wo leben sie in Hessen?

Wildkatzen in Europa daheim

Wildkatzen sind keine davongelaufenen Hauskatzen. Schon vor mehr als 300.000 Jahren durchstreifte die heimische Art unsere europäischen Wälder. Die Hauskatze dagegen stammt vermutlich von der afrikanischen Falbkatze ab und wurde erst von den Römern nach Europa gebracht. Über die Verwandtschaftsverhältnisse der vielen Katzenarten wird in der Wissenschaft aber noch fleißig diskutiert.

Heute kaum mehr vorstellbar, aber noch vor 150 Jahren war die Wildkatze fast überall in Europa häufig. Mittlerweile ist die Waldbewohnerin an vielen Orten verschwunden oder vom Aussterben bedroht. Nachdem erst die Jagd ihre Anzahl dezimierte, macht ihr nun die intensive Nutzung der Landschaft das Leben schwer. Nicht nur die Wildkatze leidet unter dem Schwund ihres Lebensraumes, auch für andere Tierarten wie Luchs, Dachs und Fischotter wird es eng. Heute zählt die Wildkatze bei uns zu den gefährdeten Arten.

Aussehen und Lebensweise

Wie erkennt man eine Wildkatze?

Europäische Wildkatze im Sommer (Foto: Thomas Stephan)  (Foto: Thomas Stephan / BUND)

Wichtigstes Erkennungsmerkmal der Wildkatze ist ihr breiter, buschiger Schwanz mit zwei bis drei schwarzen Ringen und einem schwarzen stumpfen Ende. Gegenüber häufig silbrig-grauen Hauskatzen haben Wildkatzen ein sehr verwaschenes grau-gelbes Fell.

Wildkatzen sind mit drei bis acht Kilogramm in der Regel etwas schwerer als Hauskatzen, wobei ausgewachsene Männchen deutlich schwerer als die Weibchen sind. Besonders im langen Winterfell wirken Wildkatzen kräftiger und größer als Hauskatzen.

Wie alle Katzenartigen benötigt auch die Wildkatze täglich frisch erbeutetes Fleisch. Dabei stehen vor allem Mäuse auf ihrem Speiseplan. Zu einem bedeutend geringeren Anteil werden auch große Insekten, Vögel und Eidechsen gefressen. Nach der nächtlichen Jagd suchen Wildkatzen morgens ihre Schlafplätze auf. Häufig umgeben von Brombeeren bieten Reisighaufen, hohle Baumstämme und anderes Totholz am Waldboden geeignete Versteckmöglichkeiten. Auch am Wegrand gelagerte Holzpolter ziehen Wildkatzen an.

Wildkatzen sind Einzelgänger mit eigenen Streifgebieten. Als Streifgebiet wird die Fläche bezeichnet, auf der sich eine Wildkatze regelmäßig aufhält. Auf ihr befinden sich eine Reihe von Ruhezonen und beliebte Jagdflächen, die immer wieder aufgesucht werden. Die Streifgebiete der Kater sind mit 20 bis 30 Quadratkilometer mehr als doppelt so groß wie die weiblicher Katzen. Sie nutzen mit sechs bis zehn Quadratkilometer deutlich kleinere Räume.

Fortpflanzung der Wildkatze – Das Wildkatzenjahr

drei Wildkätzchen (Foto: Thomas Stephan) Wildkätzchen im Juni (Foto: Thomas Stephan)  (Foto: Thomas Stephan)

In der „Ranz” erkunden Wildkatzenkater auf der Suche nach paarungsbereiten Weibchen neue Gebiete. Dabei kommt es im Januar und Februar zu großen Ausdehnungen ihrer Streifgebiete.

Nach erfolgreicher Paarung bringt das Weibchen im Frühjahr meist zwei bis vier Jungen zur Welt, um die sie sich alleine kümmert. Die ersten Wochen der Jungenaufzucht verbringt die Mutterkatze mit ihrem Wurf auf einem kleinen Teil ihres Streifgebietes. Dabei suchen die Mutterkatzen immer wieder Totholzstrukturen am Boden auf, um ihren Nachwuchs sicher zu verwahren.

Im Juni und Juli begleiten die Jungen ihre Mutter immer häufiger über weitere Strecken. Bereits im August sind die Jungen auch häufig allein unterwegs. Im Spätsommer lernen sie, selbstständig zu jagen. Im Herbst hat die Mutter dann nur noch selten Kontakt zu ihren Jungen.

Lebensraum und Verbreitung

Wildkatzen sind im Wald daheim

strukturreicher Wald – idealer Wildkatzenlebensraum (Foto: Thomas Stephan) strukturreiche Wälder – ideale Wildkatzenlebensräume (Foto: Thomas Stephan)

Wildkatzen leben bevorzugt in strukturreichen Wäldern. Kleine helle Lichtungen, im Wald verborgene Wiesen und ruhige, heckenreiche Säume am Waldrand sind die Lieblingsplätze der Wildkatzen. Denn dort gibt es besonders viele Mäuse, die Hauptnahrungsquelle der Wildkatzen. Je vielfältiger und strukturreicher der Wald ist, desto tiefer dringen die Wildkatzen in ihn ein. Und umgekehrt: Wo Gebüsche und Hecken ihnen Deckung bieten, wagen sie sich aus dem Wald heraus.

In Deutschland nehmen Wälder gegenwärtig nur noch etwa 30 Prozent der Gesamtfläche ein. Diese Wälder werden aber meist forstwirtschaftlich genutzt und sind deshalb sehr eintönig. Ursprüngliche Buchenmischwälder finden sich kaum noch. So bleiben für Wildkatzen immer weniger geeignete Lebensräume. Heute sind sie an vielen Orten ihrer ursprünglichen Heimat verschwunden.

Verbreitung in Deutschland

Karte der Verbreitungsgebiete der Europäischen Wildkatze in Deutschland, potentielle Lebensräume und Korridore (Grafik: Die Projektoren / BUND) Verbreitungsgebiete der Europäischen Wildkatze in Deutschland, potentielle Lebensräume und Korridore (Grafik: Die Projektoren / BUND)

Ursprünglich kam die Wildkatze in ganz Deutschland vor, heute gibt es hier noch 5.000 bis 7.000 der scheuen Tiere.

Wildkatzen haben in Deutschland zwei Hauptverbreitungsgebiete:

  1. Die Vorkommen in Eifel, Hunsrück, Pfälzer Wald und Taunus, welche vermutlich untereinander im Austausch stehen und Anschluss an die Vorkommen in Ostfrankreich und Belgien haben.
    Das Gebiet beherbergt die bedeutendste deutsche Wildkatzenpopulation: im Pfälzerwald etwa 200 bis 600 Tiere, in der Eifel etwa 500 bis 1.000 Tiere, im Hunsrück etwa 500 bis 1.000 Tiere und im rheinland-pfälzischen Teil des Taunus östlich des Rheins etwa 100 bis 200 Tiere.  
  2. Das zweite Verbreitungsgebiet umfasst Wälder im Harz, Solling, Kyffhäuser, die übrigen Waldgebiete Nordthüringens und den Hainich. Aus dem unmittelbar südlich angrenzenden Thüringer Wald und der Rhön gibt es bis heute keinen Nachweis einer fest etablierten Population, obwohl die Wälder geeignet wären. In Bayern ist es im Spessart gelungen, Wildkatzen wieder anzusiedeln. Hier mehren sich die Nachweise vom Spessart, über die Haßberge, die Oberpfalz in Richtung Bayerischer Wald. Dem Verbreitungszentrum in Mitteldeutschland kommt perspektivisch eine Schlüsselrolle als Bindeglied zwischen den Vorkommen Ost- und Westeuropas zu.  

Der BUND hat einen interaktiven Wildkatzenwegeplan erstellt.

Seit 2011 führt der BUND eine bundesweite Wildkatzen-Gen-Inventur durch, um mehr über die Wildkatzenvorkommen im Land zu erfahren und vor allem, um Daten über den Austausch zwischen den Populationen und den Wanderbewegungen der Tiere zu erhalten.

Verbreitung in Hessen

In Hessen gibt es zwei große Wildkatzenvorkommen:

  • Das Bergland im Nordosten stellt zurzeit das größte zusammenhängende Verbreitungsgebiet der Wildkatze in Hessen dar. Es umfasst den Reinhardswald, Kaufunger Wald, Söhre, Meißner, Riedforst, Schlierbachswald, Ringgau, Seulingswald und den Knüll.
  • Ein zweites großes Vorkommen findet sich im Taunusgebirge im Südwesten Hessens (Rheingau-, Hoch- und Hintertaunus).

Andere Vorkommen sind kleiner und noch nicht dauerhaft etabliert:

  • Im Hessischen Rothaargebirge lebt die Wildkatze erst seit etwa 20 Jahren.
  • Auch im Burgwald, Kellerwald und Habichtswald wie auch in der Rhön, dem Schlitzer Wald und dem Vogelsberg gelangen in den letzten Jahren Nachweise.
  • Das Vorkommen im Spessart geht auf bayrische Auswilderungen zurück.
  • Jüngste Untersuchungen belegen zudem Vorkommen der Wildkatze im Krofdorfer Forst, im Büdinger Wald und im hessischen Odenwald.

Die vermehrten Untersuchungen im Rahmen des Rettungsnetz-Projektes erbrachten neue Wildkatzennachweise in Regionen, in denen vorher keine Vorkommen bekannt waren. Ob es sich dabei um Wiederbesiedlungen handelt oder ob die Tiere dort schon länger versteckt gelebt haben, lässt sich meist nicht feststellen.

Sicher ist aber, dass nur die dauerhafte Vernetzung der Wälder durch Wildkatzenwege den Austausch zwischen den Vorkommen und die Ausbreitung gewährleistet. Und nur dadurch kann sichergestellt werden, dass auch andere Arten von der Biotopvernetzung profitieren.

Schutz durch ein Rettungsnetz

Der gesetzliche Schutz der Wildkatze konnte ihr Aussterben verhindern. Die Europäische Gemeinschaft führt die Wildkatze im Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat (FFH-) Richtlinie auf. Sie ist somit eine Art von „gemeinschaftlichem Interesse”, die „streng zu schützen” ist. Ohne eine Vernetzung ihrer isolierten Restlebensräume haben die Wildkatzen kaum eine Möglichkeit, neue Waldgebiete zu besiedeln, sich genetisch mit anderen Populationen auszutauschen und langfristig in Deutschland zu überleben. Außerdem müssen die bereits besiedelten Lebensräume für die Wildkatze optimiert und die Waldbewirtschaftung stärker auf die Lebensweise der Wildkatze ausgerichtet werden. 

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