Pressemitteilung

BUND legt Beschwerde gegen Aufhebung des Baustopps für die Amazon-Halle in Echzell ein

28. Februar 2024 | Flächenschutz, Naturschutz

Der BUND Hessen hat am 27.02.2024 beim VGH Kassel Beschwerde gegen das Urteil des VG Gießen eingelegt, das den Baustopp für die Amazon-Logistikhalle in Echzell aufgehoben hatte.

Das Gesetz sagt hü, das Gericht sagt hott!

Der hessische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen) legte am 27.02.2024 Beschwerde beim Hess. Verwaltungsgerichtshof (HVGH) in Kassel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Gießen ein. Der vom HVGH im Mai 2021 beschlossene Baustopp für die Logistikhalle für Amazon in Echzell im Wetteraukreis war durch das VG Gießen am 21.02.2024 aufgehoben worden.

Schockiert reagiert Dr. Werner Neumann, Mitglied im Landesvorstand und Kreisvorsitzender des BUND Wetterau, auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts: „Der nun erlaubte Weiterbau der Logistikhalle trifft den Auenverbund Wetterau ins Herz. Betroffen ist einer der ökologisch wertvollsten und bedeutendsten Teilbereiche, der als Natur- und Landschaftsschutzgebiet nach dem Bundesnaturschutzgesetz sowie als FFH- und Vogelschutzgebiet nach den Naturschutzrichtlinien der Europäischen Union ausgewiesen ist. Es ist ein Unding, dass die Europäische Kommission gerade die Renaturierung und den Schutz solcher Gebiete beschlossen hat, und das VG Gießen dessen Schädigung erlaubt“.

Während das VG Gießen die FFH-Verträglichkeitsprüfung in höchsten Tönen lobt, stellt der BUND fest, dass diese Prüfung gar nicht die von dem Bauvorhaben hervorgerufenen Auswirkungen untersucht, sondern die durch die Bebauung hervorgerufene Situation als Beurteilungsgrundlage nimmt. Würde man immer so vorgehen, wäre jeglichen Umwelteingriffen bei Bauvorhaben Tür und Tor geöffnet, wenn man in der nachträglichen Prüfung genau das, was zerstört wurde nicht mehr findet und dafür eine Genehmigung erhält.

Denn während die europäischen und deutschen Rechtsvorschriften erfordern, dass die Prüfung möglicher Beeinträchtigungen auf ein Schutzgebiet vor der Genehmigung eines Vorhabens geprüft werden muss, hat das Verwaltungsgericht nun eine Prüfung akzeptiert, die nach dem Baubeginn erstellt wurde und die Auswirkungen durch den bereits bestehen Rohbau gar nicht mehr ermitteln kann. Dr. Werner Neumann: „Die Auslegung des Verwaltungsgerichts verstößt nach unserem Verständnis klar gegen den Wortlaut der Gesetze und würde den Naturschutz in ganz Deutschland deutlich schwächen. Wir brauchen in der Frage unbedingt Rechtsklarheit.“

Auch der Vorsitzende der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. (HGON), Dr. Tobias Erik Reiners, zeigt sich erschüttert über den Beschluss des Verwaltungsgerichtes: „Die HGON unterstützt die Klage des BUND vollumfänglich. Über Jahrzehnte hat die HGON sich für den Schutz des Auenverbundes Wetterau eingesetzt und zur Ausweisung als FFH- und Vogelschutzgebiet maßgeblich beigetragen. Der Beschluss verkennt, dass das Schutzgebiet von immenser Bedeutung für den Erhalt der Artenvielfalt in Hessen ist und dass jede Beeinträchtigung auch die Erfüllung unserer europarechtlichen Verpflichtungen erschwert. Der Bau des Logistikzentrums im Herzen des Auenverbundes ist in Zeiten des massiven Biodiversitätsverlustes ein desaströses Signal und widerspricht allen Bemühungen der letzten Jahrzehnte.“

Durch Bau und Betrieb der Logistikhalle befürchten BUND und HGON unter anderem folgende großen Schäden:

  • Vertreibung von Brutvögel des Schutzgebietes durch die Scheuchwirkung der großen Gebäude für die hier speziell geschützten Vögel offener Landschaften, wie z.B. den Kiebitz, Bekassine, Grauammer
  • Faktisch eingetretene Zerstörung eines Kranichrastplatzes
  • Schaffung bzw. Erhöhung eines Unfallschwerpunktes für Biber an der Kreuzung des Weidgraben mit der benachbarten Bundesstraße durch die Verkehrszunahme für den Lieferverkehr der Logistikhalle


Hintergrund

1. Wortlaut § 34 Abs. 1 Satz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes

„Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen.“

2. Wortlaut Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie

„Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, daß das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.“

 

Rückfragen:

Dr. Werner Neumann
Kreisvorsitzender BUND Wetterau
Mitglied im Landesvorstand BUND Hessen

Tel.01726673815

 

Pressestelle BUND Hessen

Lynn Sophie Anders
069 677376 43
presse(at)bund-hessen.de
www.bund-hessen.de

BUND Landesverband Hessen e.V.
Geleitsstraße 14
60599 Frankfurt am Main 

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb