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Wiesbadener „Ostfeld“: Kein Freibrief zur Bebauung! BUND fordert Planungsminister Al-Wazir zum Eingreifen auf

23. April 2021 | Flächenschutz, Naturschutz

Der BUND Hessen fordert Wirtschafts- und Planungsminister Tarek Al-Wazir (B’90/Grüne) zum Eingreifen in den Planungsprozess für das Wiesbadener Ostfeld auf, um für ein geordnetes Planungsverfahren zu sorgen.

Blick vom Ostfeld auf Mainz Blick vom Wiesbadener Ostfeld auf Mainz. (Foto: Julia Beltz)  (Foto: Julia Beltz)

Frankfurt am Main, Pressemitteilung vom 23.04.2021
 

Der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen) fordert Wirtschafts- und Planungsminister Tarek Al-Wazir (B’90/Grüne) zum Eingreifen in den Planungsprozess für das Wiesbadener Ostfeld auf. BUND Landesvorsitzender Jörg Nitsch: „Minister Al-Wazir muss für ein geordnetes Planungsverfahren sorgen. Der von der Stadt Wiesbaden angestrebte planungsrechtliche Freibrief zum Start der Bauleitplanung widerspricht dem Landesplanungsrecht und muss vom Minister verhindert werden.“ Der BUND stützt seinen Vorwurf auf ein Rechtsgutachten im Auftrag der grünen Fraktion in der Regionalversammlung, in dem die Unzulässigkeit des von der Stadt Wiesbaden angestrebten Planungsfreibriefs dargelegt wird. Statt immer neuer Einzelentscheidungen zum Flächenverbrauch fordert der BUND überzeugende Anstrengungen zum Flächenschutz sowie die nach dem Planungsgesetz erforderliche Fortschreibung des Regionalplans Südhessen im Herbst 2021.

Das Eingreifen des Ministers ist erforderlich, weil das Regierungspräsidium Darmstadt und die schwarz-rote Mehrheit in der Regionalversammlung auf einen Rechtsbruch zusteuern. Jochen Kramer, Vorstandsmitglied des BUND Hessen: „Das Vorhaben der Stadt Wiesbaden ist mit dem geltenden Regionalplan nicht vereinbar. Der Minister muss eingreifen, damit der Plan nicht durch Einzelentscheidungen völlig ausgehöhlt wird.“

Aus der Sicht des BUND geht es um die Durchsetzung geordneter und gesetzlich vorgeschriebener Planungsverfahren. Ziel der Landesplanung ist insbesondere der Ausgleich kommunaler Interessen mit staatlichen Gemeinwohlbelangen, zu denen vorrangig die Staatsaufgaben Umwelt- und Klimaschutz gehören. Ein kommunales Planungsvorhaben, das sich auf fast 500 Hektar erstreckt und in vielfältigerweise gegen die rechtsverbindlichen Zielfestlegungen des Regionalplans Südhessen verstößt, berührt die Grundzüge des rechtsverbindlichen Regionalplans und darf nicht genehmigt werden.

Tatsächlich sind die Umweltprobleme der Planung „Ostfeld“ gewaltig und bisher sind keine Lösungen erkennbar. Neben dem erneut drohenden Flächenverlust wertvoller Böden und freier Landschaft im Ballungsraum sind vor allem die stadtklimatischen Auswirkungen auf Mainz und auf die Wiesbadener Stadtteile Kostheim, Kastel und weitere Fächen entlang des Rheins, die künftige Lärmbelastung durch den militärischen Flugplatz Wiesbaden-Erbenheim sowie die Verkehrsanbindung des geplanten Stadtteils unklar. Für den BUND macht es einen substanziellen Unterschied, ob die Planung zum Ostfeld alle Stufen und Aspekte der Umweltprüfung durchläuft, die bei der Fortschreibung eines Regionalplans zu bewältigen sind, oder ob das Vorhaben ohne diese Prüfungen durchgewunken wird.

Der BUND verweist darauf, dass in den letzten Jahren immer wieder großflächig Gebiete im Rahmen sogenannter Abweichungsverfahren von der kommunalpolitisch besetzten Regionalversammlung gegen die Ziele des Regionalplans Südhessen für die Bebauung freigegeben wurden. Prominente Beispiele sind die vom BUND und von zahlreichen Bürger*innen abgelehnten Gewerbegebiete in Wölfersheim und Hammersbach. Der planerische Freibrief des riesigen Vorhabens Wiesbaden-Ostfeld würde den bestehenden Regionalplan nun endgültig sprengen.

Unverständlich ist für den BUND, warum die staatliche Planungsbehörde im Regierungspräsidium nicht auf Verschiebung des Vorhabens und die Fortschreibung des Regionalplans drängt. Tatsächlich muss die Fortschreibung des Plans eigentlich im Herbst diesen Jahres Planungsminister Al-Wazir zur Genehmigung vorgelegt werden. Jochen Kramer: „Es ist ein Unding, wenn kurz vor der im Gesetz bestimmten Fortschreibung eines Regionalplans ein Planungsfreibrief über fast 500 Hektar erteilt wird.“

Hintergrund

1. Im Osten des Stadtgebiets treibt Wiesbaden mit dem Stadtentwicklungskonzept ein gigantisches Projekt der Flächenversiegelung voran. Das Plangebiet umfasst 450 ha. Fast 100 Hektar davon sollen einen neuen Stadtteil aus Gewerbe- und Wohnflächen bilden. Es handelt sich um eines der größten kommunalen Planungsvorhaben der letzten Jahrzehnte in Hessen.

2. Die staatliche Regionalplanung bildet den Rahmen der kommunalen Bauleitplanung. So soll sichergestellt werden, dass kein planerischer Wildwuchs, sondern eine geordnete Raumentwicklung erfolgt. Maßgebliche Inhalte der Regionalplanung ist die Abstimmung der staatlichen Umweltschutzaufgaben mit kommunalen Planungswünschen. Wichtige Instrumente sind hierbei die Landschaftsrahmenplanung nach § 10 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), die strategische Umweltprüfung nach § 33 des Gesetzes zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) und die Umweltprüfung nach § 8 Bundesraumordnungsgesetz (ROG).

3. Die beantragte Abweichung für das Ostfeld kollidiert großflächig mit fünf Zielen des Regionalplans.

Abweichungen von den Zielen des rechtskräftigen Regionalplans Südhessen in Hektar gem. Beschlussvorlage für die Regionalversammlung Südhessen vom 10.02.2021 (s. Anhang)

 

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