Die Landesdelegiertenversammlung des BUND Hessen konnte am 28. Mai 2022 wieder als Präsenzveranstaltung in Frankfurt-Preungesheim stattfinden. 103 Delegierte der Kreis- und Ortsverbände verabschiedeten einstimmig den Haushaltsplan 2022 und diskutierten über die vorliegenden Anträge (Beschlüsse siehe unten).
Der Eduard-Bernhard-Preis 2022 wurde verliehen an Dirk Treber, der krankheitsbedingt leider nicht bei der Versammlung anwesend sein konnte.
Die stellv. Landesvorsitzende, Gabriela Terhorst, verlas die Laudatio des Landesvorsitzenden Jörg Nitsch, der krankheitsbedingt ebenfalls nicht teilnehmen konnte.
Jörg Nitsch würdigte Dirk Trebers Engagement im Widerstand gegen den Bau der Startbahn 18 West am Frankfurter Flughafen. Als Bürger von Mörfelden-Walldorf kam Dirk Treber direkt aus dem Kern des Widerstandes, der diese Stadt und auch das gesamte Umfeld damals und auch bis heute geprägt hat. Jörg Nitsch erinnert an die ersten Unterschriftensammlungen am Parkplatz Mönchbruch, an erste Versammlungen und Treffen, um den gemeinsamen Widerstand zu organisieren und zu überlegen, mit welchen Mitteln die Betroffenen sich gegen die Bedrohungen eines weiteren Ausbaus des Frankfurter Flughafens zur Wehr setzen könnten. Mit dem maßgeblich auch von Dirk Treber getragenen Volksbegehren gegen die Startbahn West wurde versucht, mit dem Mittel der direkten Demokratie der damaligen Landesregierung einmal das Mandat zur politischen Entscheidung aus der Hand zu nehmen und selbst zu entscheiden, was gut für die betroffenen Menschen ist. Doch der Staatsgerichtshof hat den Initiatoren des Volksbegehrens dieses Entscheidungsmandat aus der Hand gerissen.
Dirk Treber ist dem Flughafenthema immer treu geblieben. Nach der juristischen Niederlage des Kampfes gegen die Startbahn 18 West war er einer der Landtagsabgeordneten in der ersten GRÜNEN Fraktion im Hessischen Landtag von 1982-1985, gefolgt vom Amt eines Regierungsdirektors im Hessischen Landtag von 1987-1989. Dann hauptamtlicher Stadtrat in seiner Heimatstadt Mörfelden-Walldorf von 1989-1995, der Stadt, in der heute ein damaliger Mitstreiter, Jürgen Winkler, Bürgermeister ist. Dirk Treber hat zum Flughafenthema zahlreiche Mandate angenommen: Mitbegründer der BI Mörfelden gegen die Flughafenerweiterung im Herbst 1978 / Mitglied in der Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms (IGF) seit 1983, seit 1995 deren Vorsitzender / Vorstandsmitglied in der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) seit 1997 / Vertreter in der Fluglärmkommission Frankfurt (FLK) von 1989-1995 und wieder von 2003 bis zu seinem Ausscheiden / Sprecher der BI’s „Kein Flughafenausbau – für ein Nachtflugverbot“ von 1998-2001 / für die BVF im Regionalen Dialogforum von 2000-2007 und im Forum Flughafen und Region (FFR) als dessen Nachfolgeorganisation / Vorstandsmitglied der FLK über 15 Jahre seit 2006.
Jörg Nitsch wünscht Dirk Treber und seiner Frau, die ihren Lebensmittelpunkt auf die Ostseeinsel Usedom verlegt haben, für die Zukunft alles erdenklich Gute, Gesundheit für die nächsten Jahre und auch weiterhin Mut und Zuversicht für unsere gemeinsamen Anliegen.
Beschlüsse der Landesdelegiertenversammlung am 28. Mai 2022
Verkehrswende für hessische Straßenbauprojekte im Bundesverkehrswegeplan sowie aktive Schienen-Reaktivierungspolitik der Landesregierung
1. Die Landesdelegiertenversammlung fordert die hessische Landesregierung auf, ein sofortiges Moratorium für alle hessischen Autobahn- und Bundestraßen-Projekte zu vollziehen, die sich aus dem Bundesverkehrswegeplan 2030 ergeben.
Zum einen steht der gesetzliche Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2030 wegen Verstoßes gegen die EU-Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen im Widerspruch zu EU-Unionsrecht. Zum anderen sind der Bedarfsplan und der ihm zugrundeliegende Bundesverkehrswegeplan 2030 materiell verfassungswidrig, weil er mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Klimaschutz unvereinbar ist. Daher entfällt der Bedarfsplan als Grundlage für die einzelnen Fernstraßenprojekte.
Das Moratorium darf nur für solche hessischen Projekte des BVWP aufgehoben werden, bei denen die Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Klimaschutz und der Einklang mit dem o.g. EU-Unionsrecht nachgewiesen ist.
2. Die Landesdelegiertenversammlung fordert die hessische Landesregierung auf, sich bei der Aufstellung des neuen Bundesverkehrswegeplans 2040 für eine klima- und umweltverträgliche Gesamtstrategie und insbesondere für eine Verkehrswende bei hessischen Projekten einzusetzen. Als Kriterien sollen Einhaltung der Klima- und Umweltziele, Erhalt vor Neubau, Transparenz des Planungsprozesses und Alternativenprüfung (Verkehrsmanagement, Verkehrsreduzierung) eingebracht werden. Nach wie vor verfehlt die Verkehrspolitik in Deutschland und in Hessen sämtliche Klima- und Umweltziele. Schadstoffe, Lärm und der Flächenverbrauch werden nicht gemindert.
Weiterhin fordern wir die Landesregierung auf, im Rahmen der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2040 a) alle hessischen Straßenprojekte zu stoppen, die einer klimaverträglichen Verkehrswende entgegen stehen, b) alle hessischen Straßenprojekte zurückzustufen, bei denen eine Alternativenprüfung fehlt und c) einen Ausstieg aus allen Planungen für hessische Fernstraßenneubauten herbeizuführen. Als Konsequenz dieser Maßnahmen freiwerdende Investitionsmittel sind dem Ausbau umweltverträglicher Verkehrsmittel zuzuordnen.
3. Schließlich fordern wir die Landesregierung auf, alle bekannten Wünsche des Landes, der Landrät*innen und Bürgermeister*innen und Bundestagsabgeordneten zur Einstellung von Straßenneu- und ausbauten in Hessen in den BVWP auf Klimaverträglichkeit zu prüfen und bei allen klimaschädlichen Vorschlägen eine Streichung oder Herabstufung herbeizuführen.
4. Da viele Forderungen nach Straßenneubauten zurückgehen auf den Schienenabbau der 1950er bis 1990er Jahre, fordert die Landesdelegiertenversammlung die hessische Landesregierung auf,
- ab sofort keiner Stilllegung von Eisenbahnstrecken zuzustimmen,
- die Trassen aller vorhandenen stillgelegten Eisenbahnstrecken durch ein Landesgesetz zu sichern und keinen Entwidmungsverfahren zuzustimmen, mit denen eine andere Nutzung als Eisenbahnverkehr ermöglicht würde,
- die organisatorische und finanzielle Verantwortung für alle derzeit stillgelegten hessischen Eisenbahnstrecken zu übernehmen, ggf. auch über ein landeseigenes Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen,
- alle von Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Allianz pro Schiene und Deutschem Gewerkschaftsbund gewünschten Reaktivierungen von Eisenbahnstrecken mit allen organisatorischen und finanziellen Mitteln zu unterstützen und durchzuführen:. https://hessen-thueringen.dgb.de/++co++066530d6-b239-11eb-9166-001a4a160123
Hessische Kommunen aktivieren für den Klimaschutz
Die Landesdelegiertenversammlung des BUND Hessen fordert die Kommunen in Hessen auf, verstärkt die Möglichkeiten des kommunalen Klimaschutzes zu nutzen. Insbesondere bedeutet dies: Alle Kommunen in Hessen sollen die Charta „Klima aktive Kommune“ des Landes Hessen unterzeichnen. Derzeit sind es nur 339 von 422 Kommunen und 21 Landkreisen. Aber nur etwa die Hälfte der Unterzeichner hat einen Klimaschutzaktionsplan mit CO2-Bilanz und Maßnahmenkatalog. In jeder Kommune Hessens soll ein/e Klimaschutzmanager*in pro 4000 Einwohner*innen dauerhaft beschäftigt werden. Deren Aufgabe ist es, kommunale Klimaschutzkonzepte und Aktionspläne zu erstellen, das Energiemanagement für die eigenen Gebäude durchzuführen und Beratungen für Hauseigentümer*innen und Unternehmen anzubieten. Fördermittel von 70% der Kosten werden durch die Nationale Klimaschutz-Initiative der Bundesregierung bereitgestellt und noch zu wenig genutzt. Derzeit werden nur in 42 Kommunen Hessen Klimaschutzmanager*innen gefördert.
Die Klimakommunen sollen die durch die „Klimarichtlinie“ des Landes Hessen bereitgestellten Mittel für Klimaschutzmaßnahmen und Klimaschutz-Anpassungsmaßnahmen in ihrer Kommune abrufen. Alle Kommunen erhalten eine Förderung von 80%, „Klima-Kommunen“ mit Aktionsplan sogar 100 %. Um wiederum diese Maßnahmen zu planen und Fördermittel abzurufen, braucht es viele kompetente Klimaschutzmanager*innen in allen Kommunen.
Die Kommunen sollen auch die Förderung für Energetische Stadtsanierung der KfW-Bank (Programm 432) nutzen. Es wird ein integriertes Energiekonzept für einen Stadtteil, Ortsteil oder eine ganze Kommune erstellt und mit der Umsetzung durch eine/Sanierungsmanager*in verbunden. Zusätzlich fördert das Land Hessen durch die Richtlinie zum Hess. Energiegesetz (Teil II, 6.) diese Maßnahmen mit 20%, so dass eine 90%ige Förderung möglich ist.
Hessische Kommunen für Tempo 30 aktivieren
Die Landesdelegiertenversammlung des BUND Hessen fordert die Kommunen in Hessen auf, die „Tempo 30-Initiative“ des Deutschen Städtetags zu unterzeichnen und zu unterstützen.
Freihandelsabkommen CETA und MERCOSUR
Wir fordern in Kontinuität unserer bisherigen Beschlusslage die Abgeordneten des Bundestages und des Hessischen Landtages auf, die endgültige Ratifizierung des sogenannten „Frei“handelsabkommens CETA zwischen der Europäischen Union und Kanada abzulehnen, einem entsprechenden Beschlussantrag nicht zuzustimmen und stattdessen zu beantragen, aus der vorläufigen Umsetzung des CETA auszusteigen.
Ebenso lehnen wir auch das Freihandelsabkommen EU-Mercosur weiterhin entschieden ab. Die EU Kommission, der deutsche Vertreter im EU Rat, sowie das EU Parlament und besonders die hessischen EU-Abgeordneten werden aufgefordert, dem Abkommen nicht zuzustimmen. Damit unterstützen und bekräftigen wir die Haltung unseres Bundesverbands vom 31.3.2021: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert Deutschland und die EU auf, das EU- Mercosur-Handelsabkommen zu stoppen und nationale sowie europäische verbindliche Regulierungen zur Unternehmensverantwortung in Lieferketten einzuführen.
Weiterhin warnen wir vor der Wiederaufnahme von abschlussorientierten Gesprächen mit dem Ziel, die wiederverstärkte transatlantische Partnerschaft durch „Frei“handelsabkommen wie TTIP oder ähnliches zu festigen. Zukunftsorientierte Han- delsabkommen müssen fairen und gerechten Welthandel regulieren, der u.a. das Pariser Klimaabkommen und die Ziele der UN-Nachhaltigkeitsziele verbindet mit einer Unterstützung der am wenigsten entwickelten Länder, sich im Rahmen von Präferenzabkommen zu entwickeln.
Freiflächen-Photovoltaik
Der BUND Landesverband Hessen setzt sich dafür ein, dass der für die Erreichung der Klimaschutzziele dringende Ausbau der Stromerzeugung durch Photovoltaik (PV) vorrangig auf bereits versiegelten Flächen (...) stattfindet.
Der BUND LV Hessen fordert deshalb die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft dazu auf, Hürden zu beseitigen und finanzielle Anreize zu schaffen, damit die Installation von PV-Anlagen auf bzw. über bereits versiegelten Flächen für Investoren lukrativer und schneller umsetzbar wird als auf Freiflächen.
Der BUND LV Hessen setzt sich für eine auf Bundes- und/oder Landesebene verankerte Solarpflicht ein, dass die Potentiale auf Gebäuden und bestehenden versiegelten Flächen (Parkplätze Verkehrwege) bei Neubauten und bestehenden Gebäuden intensiv und prioritär mit PV-Anlagen (bzw. auch solarthermischen Anlagen) genutzt werden. Restriktionshindernisse auf versiegelten Flächen sind abzubauen.
Wenn Solaranlagen im Freiland gebaut werden, sollten diese prioritär senkrecht aufgestellte Agri-PV Anlagen sein mit geringem Flächenverlust. Wir forden eine Flächennutzungsplanung für Solaranlagen im Freiland.
Generell ist sicherzustellen, dass diese Anlagen dem Artenschutz nicht zuwiderlaufen bzw. auf diesen Anlagen Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität umgesetzt werden.
Der BUND Landesverband (LDV) unterstützt die auf Basis der Abwägungen und Abstimmungen der Bundesarbeitskreise im wissenschaftichen Beirat durch den Bundesvorstand im April 2022 beschlossene Position Freiflächen-Solaranlagen des BUND Bundesverbandes.
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