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Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) ist eine typische Waldfledermaus. Sie kommt in ganz Mitteleuropa vor, in Deutschland vor allem in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Bayern. In Hessen bewohnt sie die Eichen- und Buchen(misch)wälder des Rhein-Main-Tieflands und des Rheingau-Taunus, den Spessart, das Lahntal bei Marburg und Gießen, das Werra- und Wehretal, den Vorderen Vogelsberg sowie die Wälder entlang der Ohm. Als waldreiches Bundesland trägt Hessen eine besondere Verantwortung für den Schutz der Art.

Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii Liebt Baumhöhlen: die Bechsteinfledermaus.  (Foto: Marko König)

Heimlichtuerin des Jahres 2024

Als Leitart für alte Wälder haben der BUND Hessen und BUND Baden-Württemberg die Bechsteinfledermaus zum Heimlichtuer des Jahres 2024 ernannt. Die geschickte Jägerin reagiert besonders empfindlich, wenn der Mensch in ihren Lebensraum – den Wald – eingreift.

Mehr Naturwald statt Wirtschaftswald

Alte Buchen im Urwald Sababurg Alte Buchen im Urwald Sababurg.  (Foto: Lynn Anders / BUND Hessen)

Die Bechsteinfledermaus braucht alte Wälder mit genügend Höhlen zur Jungenaufzucht und den richtigen Baumarten. In Hessen sind einige Vorkommen der Bechsteinfledermaus in älteren Buchenwäldern aktuell sehr gefährdet, da die Bäume aufgrund der Trockenschäden als Folge der Sommer 2018 und 2019 beschleunigt gefällt werden. Der BUND fordert deshalb, mindestens zehn Prozent der Waldfläche sich selbst zu überlassen.

Zieht 30-40 mal um

Baumhöhle: Beliebter Nistplatz Beliebter Nistplatz vieler Waldtiere.  (Foto: Niko Martin)

Nach der nächtlichen Jagd zieht sich die Bechsteinfledermaus tagsüber zum Schlafen in Baumhöhlen zurück. Diese wechselt sie alle zwei bis drei Tage und kommt damit in einem Sommer auf beachtliche 30 bis 40 Umzüge in ihrem Revier. Trotz der vielen Wohnungswechsel bleibt die Fledermaus ihrem Revier treu und ist nicht besonders reiselustig. Im Winter zieht sie sich in unterirdische Höhlen, Stollen und Bunker zurück und versteckt sich dabei als echter Heimlichtuer gern in tiefen Spalten. Dort hält sie Winterschlaf zwischen Oktober und April. Die weiteste Wanderstrecke zwischen Sommer- und Winterquartier liegt nur bei ungefähr 35 Kilometern.

So schwer wie eine 2-Euro Münze

Die Bechsteinfledermaus gehört zu den Glattnasenfledermäusen. Sie wiegt zwischen sieben und 14 Gramm, also etwa so schwer wie eine 2-Euro-Münze (8,5 g), und wird 45 bis 55 Millimeter groß. Mit ihren eher kurzen und breiten Flügeln kann sie besonders gut durch dichte Vegetation von Wäldern fliegen. Das hilft ihr bei der Jagd auf Fluginsekten wie Schmetterlinge, Mücken, Laubheuschrecken und Käfer. Aber auch Spinnen oder Hundertfüßer stehen auf ihrem Speiseplan. Durch die großen Ohren kann sie deren Krabbelgeräusche hervorragend hören und fängt sie direkt von Pflanzen oder vom Boden.

Bechsteinfledermaus im Flug Mit ihren eher kurzen und breiten Flügeln kann sie besonders gut durch dichte Vegetation von Wäldern fliegen.  (Foto: Dietmar Nill, Wikimedia Commons / CC BY-SA 2.5)

Frauenpower für den Nachwuchs

Bechsteinfledermäuse paaren sich im Herbst. Ab Mitte April beziehen die Weibchen Baumhöhlen, in denen sie den Nachwuchs in Verbänden, den sogenannten Wochenstuben, von durchschnittlich 20 bis 30 Fledermäusen aufziehen. Die Männchen beteiligen sich nicht an der Aufzucht. Die Jungen kommen von Juni bis Anfang Juli zur Welt und werden bis in den August hinein gesäugt. Selbst während dieser Zeit wechseln die Weibchen zum Schutz vor Feinden und aus hygienischen Gründen mehrfach ihre Wochenstube. Nach vier bis sechs Wochen werden die Jungtiere selbstständig und lernen zu fliegen. Wenn die Kleinen das erste Lebensjahr überstehen, haben sie gute Chancen bis zu 20 Jahre alt zu werden. Denn die Sterblichkeit der Bechsteinfledermaus ist nach dem ersten Lebensjahr über die ganze Lebensspanne hinweg gleich hoch – bzw. niedrig. Oder anders gesagt: Sie altert nicht.

Viele Gefahren lauern auf die Bechsteinfledermaus

Autobahnen hindern Bechsteinfledermäuse am Überfliegen. (Foto: Thomas Stephan)

Insektizide, mit denen Schädlinge wie Maikäfer und Prozessionsspinner im Wald bekämpft werden, verringern außerdem das Nahrungsangebot. Aber auch Siedlungs- und Straßenbau, fehlende Vernetzung von Waldgebieten und künstliche Beleuchtung in Waldnähe beschneiden ihre Lebensräume zunehmend. Denn wie viele andere Arten überqueren Bechsteinfledermäuse nur ungern offene Landschaften und scheuen das Licht. Sie fliegen dann Umwege, wofür sie mehr Energie brauchen. Gerade für Weibchen kann das während der Trächtigkeit und Aufzucht der Jungen ein Problem sein, da sie pro Nacht etwa zwei Drittel ihres Körpergewichts an Nahrung brauchen. Der BUND Hessen konnte 2021 im Rahmen eines Autobahnprojekts eine Grünbrücke erwirken, von der die Frankfurter Bechsteinfledermäuse profitieren werden. Die Grünstrukturen auf der Brücke werden den Fledermäusen die gefahrlose Überquerung ermöglichen, um den Wald auf der anderen Seite der Autobahn zu erreichen.

Streng geschützt

Die Bechsteinfledermaus ist nach der FFH-Richtlinie geschützt. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union schützt natürliche Lebensräume, zu denen auch die Quartiere der Fledermaus zählen. Dafür müssten diese aber in den Verbreitungsgebieten kartiert und die Baumhöhlen gekennzeichnet werden. Diese Daten sollten dann in die Planungen der Forstwirtschaft einfließen. Außerdem mag die Bechsteinfledermaus keine zu lichten Wälder – ein ökologischer Zielkonflikt, da junge Eichen genügend Licht zum Wachsen brauchen. Damit diese trotzdem nachwachsen können, sollte man dafür möglichst Flächen wählen, die durch Stürme oder Schädlinge frei geworden sind.

Mehr Artenportraits?

Herwig Winter freut sich über Rückmeldung: Falls Sie sich ein Portrait zu einer speziellen Tier- oder Pflanzenart wünschen, können Sie das Herwig Winter gerne mitteilen. Vielleicht ein Tier mit Q? – Sie erreichen ihn unter herwig.winter(at)bund.net.  

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(Grafik: Titelbild BUNDmagazin 1/2010: Uli Staiger/die lichtgestalten; Aras: Andy & Gill Swash (WorldWildlifeImages.com), Krabben: IUCN/Gabriel Davila, Wildkatze: Thomas Stephan)

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