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Pressemitteilung

Wölfe in Hessen: BUND und ÖJV begrüßen die neue Herdenschutzrichtlinie

12. Juni 2019 | Biologische Vielfalt, Naturschutz, Wolf

Die Beobachtungen in den letzten Jahren zeigen, dass in Hessen bereits überall und jederzeit mit einem Wolf zu rechnen ist.

Schafe auf Streuobstwiese (Foto: Niko Martin) Schafe auf Streuobstwiese (Foto: Niko Martin)  (Foto: Niko Martin)

Die hessischen Landesverbände des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und des Ökologischen Jagdverbandes (ÖJV) begrüßen die heute vorgestellte Förderrichtlinie zum Herdenschutz als einen ganz wichtigen Schritt in die richtige Richtung. „Wölfe werden in Hessen bald genauso normal sein, wie in anderen Bundesländern. Da ist es gut und richtig, dass das Land den Weidetierhaltern die steigenden Herdenschutzkosten finanziert,“ begrüßt Jörg Nitsch Vorsitzender des BUND Hessen die neue Richtlinie und Gerd Bauer, Vorsitzender des ÖJV Hessen, sieht darin „die zentrale Voraussetzung, damit Schaf- und Ziegenhalter sich in Hessen auf ein Zusammenleben mit dem Wolf einstellen und ihn als Teil unserer natürlichen Umwelt akzeptieren können.“

Für BUND und ÖJV ist der schnelle, flächendeckende Herdenschutz nötig, um die Konflikte in Hessen gar nicht erst anwachsen zu lassen. Forderungen aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium nach „wolfsfreien Zonen“ und einer Bejagung des Wolfes halten sie hingegen für einen fatalen Irrweg, der Weidetiere nicht schützen kann. In „wolfsfreien Zonen“ soll Herdenschutz unnötig werden. Eine absurde Vorstellung, da herumstreifende Jungwölfe jederzeit einwandern können und dort dann ungeschützte Schafe und Ziegen als leichte Beute kennenlernen und so „erst auf den Geschmack kommen“. Eine generelle Bejagung hingegen läuft Gefahr, Rudelstrukturen zu zerschießen, was erfahrungsgemäß zu mehr Nutztierrissen führt. Statt wahllosem Abschuss sollten als letztes Mittel problematische Wölfe nach einer Einzelfallprüfung gezielt erlegt werden. Diese Vorgehensweise entspricht auch dem Naturschutzrecht.

Positiv bewerten die Verbände, dass die neue Richtlinie den Herdenschutz pauschal nach Weidefläche fördert und so eine eher unbürokratische, schnelle Abwicklung verspricht.

Mit der nun geförderten Höhe elektrischer Zäune von 90 cm orientiert sich das Hessische Umweltministerium an der Förderpraxis der anderen Bundesländer und den Wünschen vieler Weidetierhalter, die den größeren Arbeitsaufwand bei der Verwendung noch höherer Zäune scheuen. 90 cm-Zäune bieten gegen die allermeisten Wölfe einen ausreichenden Schutz. Denn Wölfe versuchen in der Regel Zäune zu untergraben, geben dies aber auf, wenn sie dabei einen Stromschlag erhalten. Gegen einzelne Tiere, die gelernt haben, Hindernisse zu überspringen, helfen die niedrigen Zäune jedoch nicht. Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes (DBBW) empfiehlt deshalb zur Vermeidung des Restrisikos für die Weidetierhalter eine Mindestzaunhöhe von 1,20 m.
 

Hintergrundinformationen

Die Beobachtungen in den letzten Jahren zeigen, dass in Hessen bereits überall und jederzeit mit einem Wolf zu rechnen ist. Bislang gibt es keine Hinweise auf ortsfeste Streifgebiete, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich auch in Hessen ein erstes Rudel fest etabliert und Junge aufziehen wird. Die in den letzten Jahren häufiger auftretenden Durchwanderer können jedoch durchaus mehrere Monate in einer Region bleiben. So wurde das 2017 im Odenwald jagende Tier bereits im August beobachtet und im September fotografiert. Das Foto machte Furore und hätte die Tierhalter alarmieren müssen. Dennoch gelang es dem Wolfsrüden im November drei Schafherden heimzusuchen. Zwei Weiden hatten an der Bachseite keinen Zaun, die dritte war ebenfalls unzureichend geschützt. Auch die diesjährigen Wolfsrisse bei Zierenberg und Alheim-Licherode geschahen auf mangelhaft umzäunten Weiden.

Die bundesweit geltende Tierschutzverordnung für Nutztiere verpflichtet die Halter zum Schutz ihrer Weidetiere vor Fressfeinden. Dennoch ist es selbst dem langjährigen Medienrummel um den Wolf nicht gelungen, alle Halter von Schafen und Ziegen zum präventiven Herdenschutz zu bewegen. Das ist auch deshalb fatal, weil durch ungesicherte Weidetiere die Wölfe Schafe und Ziegen als leichte Beute überhaupt erst kennenlernen.

Diese „Lockfütterung“ zu unterbinden, bedeutet erhöhten Arbeitsaufwand und kostet Geld, das viele Halter nicht investieren können oder wollen. Hier setzt die neue Förderung zurecht an und ermöglicht Herdenschutz auch in Regionen, in denen noch kein Wolf gesehen wurde. Doch schon morgen könnte dort einer auftauchen und übermorgen ungeschützte Schafe reißen.

Die Richtlinie sieht auch Herdenschutz gegen Luchse vor, doch bestätigen die hessischen Erfahrungen, dass von den Großkatzen nur eine sehr geringe Gefahr für Weidetiere ausgeht.
 

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