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Pressemitteilung

Industrieinteressen dürfen keinen Vorrang vor dem Trinkwasserschutz haben – BUND fordert schnelle Vergabe dringend notwendiger Untersuchungen zum Grundwasserschutz

05. Juli 2017 | Hessisches Ried Wasserqualität

„Trinkwasser ist das Lebensmittel Nummer 1 und der Grundwasserschutz muss Vorrang vor kommunalen und industriellen Interessen haben.”

Schützt unser Trinkwasser (Grafik: Niko Martin) Schützt unser Trinkwasser (Grafik: Niko Martin)

Der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert von der Landesregierung die schnelle Vergabe dringend notwendiger Untersuchungen zum Grundwasserschutz im Hessischen Ried. Dr. Hans-Joachim Grommelt, Sprecher des Landesarbeitskreises Wasser im BUND Hessen: „Die Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet muss sofort und nachhaltig vor den Grundwasserverschmutzungen der Industrie und aus kommunalen Kläranlagen geschützt werden, denn aus dem Grundwasser werden im Hessischen Ried mehrere hunderttausend Menschen in Wiesbaden und Frankfurt versorgt.”

Bereits vor fast zwei Jahren wurde der Öffentlichkeit ein Gutachten des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) bekannt, wonach das Trinkwasser in den Brunnen des Wasserwerks Dornheim im Hessischen Ried durch hunderte verschiedener Chemikalien verschmutzt ist (1). Viele dieser Chemikalien stammen offenbar aus der Abwassereinleitung der Chemiefirma Merck und aus den kommunalen Kläranlagen, insbesondere der Stadt Darmstadt. Die Herkunft und die Art der Chemikalien, die das Grundwasser verunreinigen, muss schnellstens aufgeklärt werden, denn nur so können Maßnahmen zur Beseitigung der Missstände ergriffen werden.

Wie brisant die Problematik ist, zeigt eine andere Studie, in der aufgezeigt wurde, dass aus der Kläranlage der Stadt Darmstadt zahlreiche Arzneimittelreste und andere Chemikalien in die Trinkwasserbrunnen wandern. Wörtlich heißt es in der Zusammenfassung dieser Studie: „So wurden im Tiefbrunnen 4 des Wasserwerks Dornheim bis zu 235 Stoffe detektiert, die dem industriellen Abwasser der Fa. Merck KGaA zugeordnet werden konnten, bis zu weitere 270 Stoffe im Brunnenwasser kommen aus kommunalen Kläranlagen.” (2)

Dennoch sind Fortsetzung der Untersuchungen und die Behebung der Missstände seit Monaten überfällig. Das vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Auftrag gegebene und im September 2015 abgeschlossene Gutachten konnte nur die Molekulargewichte und die Herkunft feststellen, nicht aber die chemische Struktur, die Konzentration und die Gefährlichkeit für den Menschen. Dies erfordert weitere Untersuchungen, die aber bisher von der Landesregierung verweigert werden.

Bereits im letzten Oktober hatte der BUND deshalb bei einem Gespräch im Regierungspräsidium nachgehakt. Dort hieß es, die Untersuchung sei nicht Aufgabe des RP. Dafür sei das „HLNUG verantwortlich”. Im März 2017, bei einem Fachsymposium des HLNUG zu den Spurenstoffen im Hessischen Ried, fragten der BUND erneut nach. Ein Vertreter des HLNUG antwortete, die Untersuchungen seien noch nicht begonnen worden. Man warte auf die Genehmigung des Umweltministeriums. Offenbar will die Landesregierung die notwendigen Untersuchungen nun aber gar nicht mehr vergeben, denn die entsprechende sehr konkrete Frage der SPD-Landtagsfraktion wurde von der Umweltministerin nicht beantwortet (3). Für Dr. Grommelt vom BUND ist die fehlende Zustimmung des Umweltministeriums zur Fortsetzung der Untersuchungen nicht nachvollziehbar, denn: „Trinkwasser ist das Lebensmittel Nummer 1 und der Grundwasserschutz muss Vorrang vor kommunalen und industriellen Interessen haben.”

Positiv bewertet der BUND, dass die Landesregierung in dieser Legislaturperiode den Einstieg in die Förderung der so genannten vierten Reinigungsstufe bei den Kläranlagen, mit der die o. g. chemischen Spurenstoffe reduziert werden, genommen hat und bis Ende 2017 ihre Strategie zum Ausbau weiterer Kläranlagen mit der vierten Reinigungsstufe festlegen will (4). Aus der Sicht des BUND besteht hier ein großer Bedarf, denn im bundesweiten Vergleich besteht im Hessischen Ried eine extrem hohe Belastung. Gleichwohl sind andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg bei geringerer Belastungssituation bereits weiter, so dass dort bereits zwei Dutzend Kläranlagen mit dieser Technik erfolgreich und kostengünstig betrieben werden.
 

Fußnoten/Verweise:

1 www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/wasser/fliessgewaesser/chemie/spurenstoffe/150910_Bericht_HLNUG_LC-HRMS-Screening_inkl_Zusatzauswertung.pdf

2 „Kläranlageneinleitungen in oberirdische Gewässer und dadurch bedingte Spurenstoffeinträge in das Grundwasser im Hessischen Ried” - www.hlnug.de/themen/wasser/grundwasser/berichte/projektbericht-spurenstoffe.html

3 http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/6/04586.pdf

4 https://s3.kleine-anfragen.de/ka-prod/he/19/4582.pdf


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