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Bewirtschaftungsplan Salz 2021-2027: BUND begrüßt Verringerung der künftigen Salzeinleitung - Umweltprobleme weiter ungelöst

21. Dezember 2021 | Werraversalzung, Flüsse & Gewässer

Der Bewirtschaftungsplan Salz 2021-2027 schreibt eine Verringerung der Salzeinleitung in Werra und Weser fest. Das ist der richtige Weg, doch die Umweltprobleme durch den Kalibergbau bleiben weiterhin ungelöst.

Frankfurt am Main, Pressemitteilung vom 21.12.2021
 

Der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen) begrüßt die im Bewirtschaftungsplan Salz 2021-2027 enthaltene Verringerung der Salzeinleitung. Das Hessische Umweltministerium hatte den Bewirtschaftungsplan Salz am 20.12.2021 veröffentlicht. Die Umweltprobleme durch den Kalibergbau bleiben aber weiterhin ungelöst. Jörg Nitsch, Vorsitzender des BUND Hessen: „Nach vielen Jahrzehnten geht es endlich in die richtige Richtung, doch wir sind skeptisch, ob sich der Plan umsetzen lässt. Auch im besten Fall wird es noch sehr lange, voraussichtlich Jahrhunderte dauern, bis die ökologischen Schäden der Salzbelastung durch den Kalibergbau in der Werraregion nicht mehr spürbar sind. Besonders kritisch bewerten wir die Situation des Grundwassers im Werrarevier, denn durch die jahrzehntelangen Einleitungen von Salzabwasser in den Untergrund ist es auf einer riesigen Fläche stark versalzen. Eine Verbesserung soll laut Plan nur durch die natürliche Aussüßung erfolgen, die allerdings viele Jahrzehnte dauern und bis zum Ende des 21. Jahrhunderts vermutlich noch nicht abgeschlossen sein wird.“ 

Die Freude des BUND über den nun beschlossenen Reduktionspfad, wird jedoch durch eine Vielzahl von Unwägbarkeiten geschmälert, die im Maßnahmenprogramm zum Bewirtschaftungsplan aufgelistet werden. Die beiden zentralen Komponenten zur Verringerung der Salzeinleitung sind die Verbringung der Produktionsabfälle in das ehemalige Kalibergwerk „Springen“ in Thüringen und die Abdeckung der Großhalden. Beide Maßnahmen sind schon im vorherigen Bewirtschaftungsplan Salz, der 2016 veröffentlicht wurde, mit einem detaillierten Zeitplan für die Umsetzung enthalten. Im neuen Bewirtschaftungsplan Salz, dessen Laufzeit am 21.12.2027 enden wird, und seinem zugehörigen Maßnahmenprogramm, ist aufgelistet, warum der damals beschlossene Zeitplan nicht eingehalten werden konnte und welche Unsicherheiten bei der Einhaltung des neuen Zeitplans bestehen. 

Nitsch weiter: „Ob der Bewirtschaftungsplan wirklich zu Verbesserungen führt, werden wir sehen, wenn der Regierungspräsident in Kassel in wenigen Tagen die Genehmigung zur Einleitung salzhaltiger Abwässer herausgibt. Dann zeigt sich, ob die neuen Zielwerte auch in den Genehmigungsbescheiden Rechtskraft erhalten oder neue Ausnahmen ermöglicht werden.“ Die Einhaltung der Zielwerte in der Einleitungs-Genehmigung des Regierungspräsidiums müsse zudem durch Sanktionen bis hin zur Produktionsdrosselung abgesichert werden. 

Als problematische Hintertür wertet der BUND, dass der Kalikonzern bis zum Herbst 2024 darlegen kann, ob die Einhaltung der Zielwerte für die Jahre 2025 bis 2027 technisch realisierbar und zumutbar ist. „Die bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie zeigen uns mehr als deutlich, dass Ausnahmemöglichkeiten gern genutzt und Umweltziele am Ende nicht erreicht werden“, kritisiert Nitsch die im Plan enthaltene Ausstiegsklausel aus dem Sanierungspfad. 

Sorge bereitet dem Umweltverband weiter, dass für die Entsorgung der Salzabfälle aus dem Kalibergbau immer noch keine umweltverträgliche Lösung vorgesehen ist. Die geplante Einstapelung der Produktionsabwässer in die Grube „Springen“ als Alternative zur Einleitung in Werra und Weser ist ein für die Umwelt hochriskantes Verfahren. Der BUND fordert daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Genehmigung dieser Untertagedeponie.

Auch bei der Abdeckung von Kalihalden steht bisher keine betriebssichere Lösung zur Verfügung: Der Versuch einer Haldenbegrünung mit einer sogenannten „Dünnschichtabdeckung (DSA)” verlief zwar erfolgreich, doch diese Lösung wurde von K+S aus Kostengründen verworfen. Die nun geplante Abdeckung mit einer Infiltrationshemmschicht (IHS)wird nur eine deutlich verringerte Schutzwirkung haben. Sie soll die Haldenabwässer nur etwa um 50 Prozent verringern und besitzt noch keine Praxisreife. Es gibt noch keinen Nachweis für die Reduktionswirkung in der nötigen großflächigen Anwendung. 

 

Hintergrundinformationen:

Folgen der jahrzehntelangen Salzeinleitungen

Die Folgen der jahrzehntelangen Salzeinleitungen sind für die Flussnatur dramatisch: Die Tiere werden krank, die Unterwasserwelt verändert sich, die Artenvielfalt geht verloren. Die Salzabwässer beeinträchtigen auch den Gesundheitszustand und die Fortpflanzungsfähigkeit der letzten, noch verbliebenen Fischarten. Die Tiere leiden beispielsweise unter Geschwüren, Rötungen und Vernarbungen.

Bewirtschaftungspläne nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie 

Nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie müssen alle Bundesländer, die im Einzugsgebiet der großen Flüsse liegen, gemeinsame Bewirtschaftungspläne aufstellen. Hierfür haben sich die Bundesländer Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen in der Flussgebietsgemeinschaft Weser (FGG Weser) zusammengeschlossen. „Detaillierte Maßnahmenprogramme“ sind Bestandteil der Bewirtschaftungspläne. Link zum Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm Salz 2021-2027: https://flussgebiete.hessen.de/information/dokumente-weser-2021-2027

Grenzwerte im Bewirtschaftungsplan Salz 2021-2027 

Der neue Bewirtschaftungsplan Salz legt keine Grenzwerte, sondern Zielwerte fest. Grenzwerte dürfen nie überschritten werden. Die nun festgelegten Zielwerte können zu 10 Prozent der Zeit überschritten werden (90-Prozent-Perzentil). Perzentilwerte liegen deshalb etwas niedriger als Grenzwerte, passen aber besser zu der schwankenden Wasserführung in Flüssen. Für Weser und Werra wurde allerdings ein ökologischer Zielwert festgelegt, der mit 300 mg/l das 1,5-fache des Orientierungswertes in der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) beträgt. 

Die Laufzeit des neuen Bewirtschaftungsplans Salz beginnt am 22.12.2021 und endet am 21.12.2027. Die Zielwerte von heute 2.310 mg/l Chlorid sollen am Pegel Gerstungen auf 1.880 mg/l in 2022, 1.700 mg/l in 2023 und 1.580 mg/l ab 2024 gesenkt werden. Ab 2026 ist eine weitere Absenkung auf 1.480 mg/l Chlorid, ab 2027 auf 1.280 mg/l Chlorid vorgesehen. Ab dem 22.12.2027 ist der Wert von 1.170 mg/l am Pegel Gerstungen und von 295 mg/l am Pegel Boffzen zwingend einzuhalten. Die Zielwerte für die ökologisch besonders problematischen Salzionen des Kaliums und des Magnesiums sinken entsprechend. 

Eine nochmalige Verlängerung bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustands in der Weser bzw. des guten ökologischen Potenzials in der Werra ist dann nach den Verlängerungen 2015 und 2021 nicht mehr möglich. 

Ausstiegsklausel

Die Ausstiegsklausel aus dem Sanierungspfad lautet: 

„Das Unternehmen kann bis zum Herbst 2024 darlegen, ob Risiken bezüglich der technischen Realisierbarkeit und der Zumutbarkeit bestehen, die einer Festlegung der Werte als Zielwerte für die Jahre 2026 und 2027 entgegenstehen. Unter Berücksichtigung der bis dahin vorliegenden Ergebnisse des begleitenden Monitorings und des Umsetzungsstandes der Maßnahmen gem. Maßnahmenprogramm wird der Weserrat bis Ende 2024 einen gemeinsamen Bericht einschließlich einer Empfehlung zur weiteren Absenkung der Zielwerte für die Jahre 2026 und 2027 erstellen. Bei Bedarf findet Ende 2024 eine Weser-Ministerkonferenz statt.“

Sollte von der Ausstiegsklausel Gebrauch gemacht werden, steigen die Anforderungen zur Erreichung des am 22.12.2027 zwingend eintretenden rechtsverbindlichen Ziels stark an, weil dann der letzte Sanierungsschritt besonders groß wäre. 

Infiltrationshemmschicht 

Die Infiltrationshemmschicht (IHS) ist ein Haldenabdecksystem, das K+S zur Abdeckung der riesigen Salzhalden verwenden will. Ziel ist die Schaffung einer begrünten Schicht, die das Niederschlagswasser speichert und es über Verdunstung der Vegetation an die Umgebung abgibt. Ziel ist im ersten Schritt die Verringerung des Wassereintritts in die Halden und im zweiten Schritt die Verringerung des Salzwasseraustritts aus den Halden. Die IHS besitzt noch keine Praxisreife. Vielmehr schreibt K+S auf seiner Homepage z. B. zur Haldenerweiterung Wintershall, dass das Konzept zur Begrünung der Rückstandshalde erst erarbeitet wird. Derzeit würden unterschiedliche Varianten erprobt. Im Werk Zielitz sei eine Infiltrationshemmschicht (IHS) im Rahmen eines Pilotversuchs erprobt worden, deren technische Umsetzung im Detail noch nicht genehmigt sei. Die Landesregierung Sachsen-Anhalt (Lt-Drs. 7/6377, vom 20.07.2020) hat mitgeteilt, dass die IHS den Wassereintritt in die Halden nur um 50 Prozent halbiere: https://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/files/drs/wp7/drs/d6377gak.pdf

 

Weitere Informationen

 

Pressestelle BUND Hessen

Lynn Sophie Anders
069 677376 43
presse(at)bund-hessen.de
www.bund-hessen.de

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